Schon in der Nacht kam ich in der kleinen Stadt Kem an. Der Fahrer holte mich am Bahnhof ab und erzählte während der kurzen Fahrt über das ruhige Dorfleben hier. Ich versuchte unterwegs im schimmernden Abendlicht die Umgebung durch die Fensterscheibe zu betrachten – nur alte dunkle Holzhäuser. Gegen halb eins in der Nacht war ich in der Hafensiedlung Rabotscheostrowsk. Früher als Umschlagpunkt für die nach Solowki verbannten Gefangenen dient sie heute den ähnlichen Zielen, aber für freiwillige Reisenden. Für sie wurde eine genug komfortable Touristenstation direkt am Hafen gebaut, das nette Personal erwartet alle Gäste vom Nachtzug. Nun kurz schlafen, morgen fängt das Hauptabenteuer an.
Die alten Schiffe legen nach Solowki zweimal am Tag ab, die Schlange an Bord ist groß und uneinheitlich: man sieht individuelle Reisenden und große touristische Gruppen, dabei sehr viele Ausländer – aus Deutschland, Norwegen, Kanada, USA. Gepäck bleibt unten bei der Treppe, der Innenraum ist eng, aber niemand möchte dort bleiben, alle kommen zum Außendeck, um die 2 Stunden lange Seefahrt zum Solowetski Archipel zu genießen. Die Reisenden sitzen auf wenigen Stühlen, auf den Rücksäcken und einfach auf dem Deck – es ist kein 5-Sterne-Hochseeschiff. Begleitet von Möwen befahren wir das offene Meer, nur seltene Inseln erscheinen unterwegs, die größten davon sind Kusowa. Fahrgäste schauen in die Weite, um die schwarzen Türme und Kuppeln des Klosters zu erkennen.