Uglitsch

Gemütliche Provinzstadt an der Wolga
Mai, 2007
200 km von Moskau
120 km von Jaroslawl
Geschichte, Kreml,
Klöster
älter als Moskau
Anna Safronowa
Erlebnisse

  • Geschichte des Todes von Zarewitsch Dimitri in der Kirche auf dem Blut erfahren
  • geistliche und Volksmusik anhören und traditionelles Handwerk kennenlernen
  • am Ufer spazieren gehen und die schönste Schleuse an der Wolga beobachten
Uglitsch liegt etwa 200 km entfernt und ist 200 Jahre älter als Moskau. Gegründet im Jahr 937, war es entwickeltes Zentrum des Fürstentums und wichtiger Handelshafen an der Wolga, verlor jedoch im Laufe der Jahre seine politische und wirtschaftliche Bedeutung und ist heute eine ruhige Provinzstadt. Die Stadt, in der die Zeit stehen geblieben ist. Im 16. Jahrhundert passierte hier das Ereignis, das den Lauf der Geschichte Russlands veränderte - der Tod des einzigen Thronerbes, des Sohnes von Iwan dem Schrecklichen Dimitri. Während eines Rundgangs in dem Uglitscher Kreml und uralten Kirchen erfahren Sie verschiedene mysteriöse Versionen davon bei den Einheimischen.

Partnerstadt in Deutschland: Idstein

    Seit kurzem gehört Uglitsch zum Goldenen Ring Russlands, liegt aber jedoch etwas abseits der wichtigsten Touristenrouten. Sogar eine kleine Eisenbahnstation erschien hier erst im 20. Jahrhundert. Zu allen Zeiten war die Anreise nach Uglitsch am bequemsten über die Wolga. Am Kreml macht sie eine scharfe Kurve, „Ugol" (Winkel), die einer Legende nach den Namen der Stadt gegeben hat.
    Die meisten Reisenden kommen nach Uglitsch mit den Wolgaschiffen an. Vom Wasser aus öffnet sich ein beruhigender Blick auf die sehr gemütliche grüne Stadt mit niedrigen Gebäuden, hoch aufragenden Türmen von Kirchen und Klöstern und dem berühmten Stadtzeichen - der rotweißen Dimitri-Blutskirche mit himmelblauen Kuppeln und goldenen Sternen
    Wolgapanorama
    Früheres Zentrum des Fürstentums Uglitsch ist im Zusammenhang mit dem Beginn der sogenannten Zeit der Wirren fest in die Geschichte Russlands eingegangen. Nach dem Tod des Zaren Iwan des Schrecklichen zog seine letzte Frau (nach verschiedenen Quellen sechste oder siebte) Maria Nagaja mit dem kleinen Sohn Dimitri nach Uglitsch um. Offiziell kam der ältere Sohn Fjodor auf den Thron, aber er gilt als geistesschwach und praktisch regierte das Land sein Schwäger Boris Godunow.

    Der Machtkampf in Moskau führte zum tragischen Ereignis: der 8-jährige Zarewitsch (Zarensohn) Dimitri wurde am Wolgaufer mit durchgeschnittenem Hals aufgefunden. Der Tod wurde zur Ursache für Volksaufstände in Uglitsch und anschließende große Gerichtsverhandlung in Russland, dessen Wahrheitsgehalt jedoch bisher nicht nachgewiesen ist. Ob Dimitri auf Befehl von Boris Godunow, der den russischen Thron besteigen wollte, getötet wurde, oder war es ein tragischer Unfall während des Messerwurfspiels, wird noch diskutiert.

    Stadtunruhen führten zur unglaublichen Unterdrückung: die Mutter von Dimitri Maria wurde ins Kloster geschickt, die Aufstandsführer wurden grausam verurteilt, und sogar die Glocke, deren Geläut die ganze Umgebung über diese schreckliche Nachricht informierte, verlor ihre Zunge und wurde nach Sibirien verbannt und erst nach vielen Jahren in die an der Stelle des Dimitris Todes erbaute Blutskirche zurückgebracht.

    Dimitri-Blutskirche in Uglitsch am Goldenen Ring, Reise auf der Wolga in Russland
    Dimitri-Blutskirche
    Damit endete die Epoche der Regierung der Rurik-Dynastie. Im Lande begannen schwere Zeiten, die Macht ging von einer Hand zur anderen, Russland wurde von Kriegen gequält, in Moskau tauchten ab und zu zahlreiche falsche Dimitris auf, die sich als Zarenerbe ausgaben. Erst 15 Jahre später wurde der neue Zar Michail Fjodorowitsch auf den Thron gewählt. Damit begann die Epoche der 300-jährigen Regierung der Romanow-Dynastie.

    So wurde die kleine Wolgastadt zum Wendepunkt der russischen Geschichte. Diese Ereignisse wurden vom Dichter Alexander Puschkin in der Tragödie „Boris Godunow" beschrieben, die als Grundlage für die weltberühmte gleichnamige Oper vom Komponisten Modest Mussorgski diente.

    Heute kann man die kleine und sehr gemütliche Dimitri-Kirche besuchen und die 500 Jahre alte Stimme der berühmten Glocke hören. Sie wurde 1692 einhundert Jahre nach dem Zarewitschs Tod eingeweiht und ist mit den bunten Fresken nach biblischen Motiven und historischen Ereignissen eine der schönsten Kirchen am Goldenen Ring.

    Dimitri-Blutskirche in Uglitsch am Goldenen Ring, Reise auf der Wolga in Russland
    Dimitri-Blutskirche
    Die Kremlmauern sind nicht erhalten geblieben, das Gelände ist heute eine gemütliche Grünanlage auf dem hohen Wall umgeben von Wasser mit alten Kirchen und malerischer Aussicht auf die Wolga. In der aktiven Erlöser-Verklärungs-Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert mit dem schlanken Glockenturm kann man an einem Gottesdienst teilnehmen und die grandiose 6-stufige goldene Ikonostase im Barockstil bewundern. Daneben befindet sich der Fürstenpalast aus dem 15. Jahrhundert im geschnitzten altrussischen Baustil.

    Überall in Uglitsch klingt Musik: an der Anlegestelle trifft eine Blaskapelle Kreuzfahrer, auf der Brücke singt man „Kalinka", ein Musiker spielt Melodien mit Gläsern mit Wasser und der Kirchenchor tritt im Kreml mit geistlichen und Volksliedern auf.

    Tipp von Anna: den Kirchengesang sollte man während der Russlandreise unbedingt erleben. Erstaunlich klare Stimmen in der atemberaubenden Akustik uralter Kathedralen berühren die Seele in der Tiefe. Der Chor im Uglitscher Kreml ist besonders schön. Schauen Sie einmal vorbei
    Einheimischen beschäftigen sich gerne mit traditionellem Handwerk. Unterwegs vom Kreml zum Kai geht es einer Allee entlang, auf der viele Werke lokaler Künstler zu sehen sind: geschnitzte Holzspielzeuge, handgemachte Schmucksachen, Bilder, gestickte Tücher, bemalte Lackdosen und was man sich auch immer wünscht.

    Es gibt viele interessante Museen in der Stadt: für Volksspielzeuge, Wodka, Lederhandwerk, Spielkarten, Fahrräder und sogar Gefängniskunst. Das größte und interessanteste ist das Museum für Wasserkraft-Technik. Es befindet sich gerade bei dem grandiosen Wasserkraftwerk und ermöglicht Besuchern die Anlagen selbst zu sehen und zu berühren. Uglitscher Schleuse mit dem klassizistischen Bogen ist von der Anlegestelle auch gut zu sehen. Die Wolgareisenden passieren sie unmittelbar vor der Ankunft in die Stadt. Die Schleuse wurde in den 1940er Jahren im Zusammenhang mit dem Bau des Moskauer Kanals errichtet.

    Als besonderes Symbol von Uglitsch gilt Produktion einer der bekanntesten Uhrenmarken Russlands – „Tschaika" (Möwe). Einfach und luxuriös, mit Leder-, Silbern-, Gold- und Bernstein verzierten Armbändern, war die Tschaika-Uhr zu allen Zeiten vom hohen Wert und ist bis heute Stolz russischer Uhrmacher. In den Handelsreihen findet man auch Jaroslawler Milchprodukte und besonders populären Uglitscher Käse.

    Kleines altes gemütliches Uglitsch mit der malerischen Uferpromenade begünstigt ruhige Spaziergänge und tiefes Eintauchen in die Geschichte, deren Spuren man auch im Kreml in Moskau, in Swijaschsk nähe Kasan, im Ipatiewkloster in Kostroma und anderen uralten russischen Städten verfolgt.

    Uglitsch am Goldenen Ring, Reise auf der Wolga in Russland
    Spaziergang in Uglitsch
    Das Leben fließt hier langsam, es gibt keinen Lärm, keine Hektik so wie in fast benachbarten Jaroslawl und Moskau. Das historische Zentrum ist recht klein, alle Sehenswürdigkeiten liegen in fußläufiger Entfernung. Geht man aber außerhalb des touristischen Viertels, sieht man das ziemlich triste aber leider typische Bild einer abgelegenen Kleinstadt. Einwohner leben meistenteils vom Tourismus.

    Auf den Straßen und Plätzen treffen Sie viele Einheimischen, die sich der fröhlichen Reiseatmosphäre anschließen und möglicherweise auch etwas verdienen möchten. Ältere Frauen und Männer verkaufen Blumen und Beeren aus eigenen Gärten, in der Wolga selbst gefangenen Fisch, alte Bücher und Gemälde aus Haussammlungen. Sie geben der Stadt Gesicht, in ihren freundlichen Augen ist die Stadtseele, so einfach und offen. Bringt vielleicht ein bescheidener Blumenstrauß gekauft bei einer netten älteren Dame dem Reisenden mehr Freude als traditionelle teure Souvenirs?..

    Vielen Dank für die Bilder an Wladimir Konakow
    Ich mag Uglitsch. Für malerische Kirchen, für die breite Wolga, für die Gemütlichkeit des alten Kremls und den Kirchengesang, der weich über dem Wasser fließt. Da es hier im Herbst, Frühling und Winter fast keine Touristen gibt, kann eine Reise nach Uglitsch nicht nur zu einer weiteren Stadt des Goldenen Rings werden, sondern zum Ausflug abseits der Touristenpfade. Besuchen Sie Uglitsch während einer großen Reise auf der Wolga oder dem Goldenen Ring.
    Reisekarte Uglitsch, Goldener Ring in Russland
    Uglitsch
    • ANREISE:
    Uglitsch liegt auf zahlreichen Routen der Kreuzfahrtschiffe aus Moskau. Wenn Sie individuell mit dem Zug/Auto reisen, planen Sie für Uglitsch einen Tagesausflug aus Jaroslawl
    aus Moskau: 3.5 Stunden mit dem Schnellzug bis Jaroslawl + 1,5 Stunden mit dem Auto
    aus Jaroslawl: 1,5 Stunden mit dem Auto
    aus Rostow Weliki: 1,5 Stunden mit dem Auto

    EMPFOHLENE REISEDAUER: Tagesausflug
    EMPFOHLENE REISESAISON: Mai - September, Dezember - Februar
    WEITERREISE: Rostow Weliki, Jaroslawl
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